Rückblick:

17. Deutscher Verpackungs-Dialog am 23. 10.2014

Gewiss ist das Deutsche Verpackungs-Museum längst glaubwürdiger und anerkannter Hort der Verpackung: Verpackung als Marketingobjekt, als Objekt des Warenschutzes, der Logistik, der Warenkultur – die immer auch ein Bild der jeweiligen Zeit und der Gesellschaft widerspiegelt. Aber nicht zuletzt ist Verpackung untrennbar mit dem Faktor Marke verbunden.

So wurde vor siebzehn Jahren in Heidelberg der erste „Deutsche Verpackungs-Dialog“ ins Leben gerufen. Seitdem eine echte Erfolgsgeschichte. Der durchgehende Themenkomplex: Verpackung, Marke, Brand Design. Die Referenten: prominente, in der Regel authentische Unternehmer, Repräsentanten des Topmanagements, ausgesuchte Marken-Experten und Designer.

Der Verpackungs-Dialog ist so etwas wie eines der jährlichen Highlights im Deutschen Verpackungs-Museum geworden. Die Moderation übernahm sachkundig und mit gewohntem Schwung wieder Hans-Georg Böcher, Museumsdirektor und Vorstand.

Das Thema des diesjährigen Deutschen Verpackungs-Dialogs lautete „Marken-Vertrauen, Vertrauensmarken“. Marken – Vertrauen, das ist ein Kernthema für die Marke. Also hier geht’s ums Eingemachte: Was macht bei Marken den Unterschied aus? Wie kann sich Vertrauen verbildlichen, wie gelangen wir zu Vertrauen, wie visualisieren wir Vertrauen?


Gerhard Berssenbrügge

Vorsitzender des Vorstands der Nestlé Deutschland AG

referierte über MAGGI und zeigte auf, was man letztlich auch mithilfe konsequenter Verpackungsgestaltung erreichen und gewinnen kann. Julius Maggi hatte u. a. die zündende Idee, kochfertige Suppen aus Erbsen- und Bohnenmehl herzustellen. Und schließlich gelang es ihm, im Jahre 1886 – unter Einsatz seines gesamten Vermögens – die ersten kochfertigen Suppen auf den Markt zu bringen. Im gleichen Jahr erfand er die bis heute weltbekannte Maggi-Würze – bis heute wenig veränderte Design-Ikone und Vertrauensmarke. Sie brachte der jungen Marke „Maggi“ den lang ersehnten geschäftlichen Durchbruch. Berssenbrügge: „Also die ganz große Geschichte ist dort entstanden. Vertraute Marken helfen uns, und sie begleiten uns, deswegen haben sie ein gewisses Vertrauen. Aber das darf man natürlich nicht zu wörtlich nehmen, man muss eben dafür immer wieder arbeiten, es muss sich eine Marke immer wieder neu erfinden.“

 

Das Vertrauen in eine Marke beruht auf mehreren Komponenten. Vertrauen basiert zum einen und erstens auf einer starken Markenvision. Der Philanthrop Julius Maggi sagte einst, „helfen und dienen“ sei seine Devise. Helfen und dienen. Er verband geschickt Profitinteresse mit sozialem Engagement. Die Marke versteht sich noch immer als Helfer und guter Geist in allen Fragen rund ums Kochen. Bis heute ist die Erfüllung der Bedürfnisse, Erwartungen und Anliegen der Verbraucher der wichtigste Grundsatz der Marke Maggi.

 

Zweitens: Vertrauen in eine Marke entsteht außerdem – durch Innovation. Die Innovationskraft der Marke Maggi wurde ihr schon von ihrem Gründer in die Wiege gelegt. Die ganze Markengeschichte blieb  geprägt von Innovationen, in der Zeit von Julius Maggi, aber auch danach. So war z.B. das Jahr 1958 ein wichtiger Meilenstein in der Innovationsgeschichte von Maggi. Die ersten Ravioli in Tomatensoße verließen das Maggi-Werk in Singen. Damit gelang Maggi eine Revolution. Noch in den 1960er Jahren verbrachte eine Hausfrau bis zu 50 % ihrer Tagesarbeit mit Kochen, „jetzt gab es in 20 Minuten Italien für jedermann“. Nur ein Beispiel von vielen.

 

Dritter Vertrauensfaktor: Kompetenz. Zum einen helfen die Produkte an sich, dass man schnell und unkompliziert mit der ‘Gelingt-Garantie‘ ein leckeres Gericht kochen kann. Zum anderen hilft der ansprechende Point of Sale, der Kompetenz verraten muss.


Rolf Schifferens

Geschäftsführer Faber-Castell Aktiengesellschaft

Er vertrat Anton Wolfgang Graf von Faber-Castell, der aus akuten Gründen in den USA weilte. Vertreten hieß in diesem Falle allerdings nicht Langweile, denn Schifferens bewies als langjähriger Geschäftsführer und Wegbegleiter von Graf Faber-Castell absolute inhaltliche und fachliche Kompetenz in seinem lebendigen Beitrag. „Gerade das Thema Verpackung ist es, das Graf Faber-Castell am meisten umtreibt, und wir verstehen FABER-CASTELL als ‘exquisit verpacktes Markenvertrauen‘. Eine besonders interessante Konstellation des 250-jährigen Unternehmens liegt aus seiner Sicht in der Namensgleichheit von Marke, Unternehmen und des Vorstandsvorsitzenden Gesellschafters. „Dies macht die Marke für Verbraucher zum Leuchtturm und gibt Orientierung geben. Gleichzeitig ist es dadurch auch möglich, die Menschen hinter der Marke, die dafür Verantwortung tragen, mehr herauszustellen. In der Septemberausgabe der Wirtschaftswoche ist übrigens bekannt geworden, dass Faber Castell unter 836 Marken als dritte Marke hinter Bosch und Lufthansa als vertrauensvollste Marke gewählt worden ist, und in der überschaubareren Schreibgerätebranche entsprechend die Nummer Eins. Die internationale Faber-Castell-Gruppe macht 560 Millionen Euro Umsatz, produziert weltweit an 14 Produktionsstandorten, hat 24 Vertriebsgesellschaften und beschäftigt weltweit über 7.500 Beschäftigte. Ein großer Teil der Mitarbeiter arbeitet in der Forstwirtschaft, der größte Markt und damit auch die größte Tochtergesellschaft von Faber Castell liegt nicht in Stein bei Nürnberg, dem Hauptsitz, sondern in Sao Carlos in Brasilien.

 

1761 hatte sich der Schreiner Kaspar Faber als Bleistiftmacher vor den Toren Nürnbergs, in Stein, niedergelassen. Anton Wilhelm, der ihm dann folgte, hat den Grundstein für den heutigen Stammsitz der Firma gelegt. Später kam mit Lothar von Faber die wichtige vierte Generation. Er hatte das Glück, dem Unternehmen lange vorzustehen, und er formulierte schon damals: „Mir war es von Anfang an darum zu tun, mich auf den ersten Platz emporzuschwingen, dadurch, dass ich das Beste mache, was überhaupt in der Welt gemacht wird...“  Das ist ein Qualitätsversprechen, ein Anspruch, den er erhoben hat und dem man noch heute nacheifert. Nicht immer, aber meistens erfolgreich. „Der gilt halt zum Schluss nicht nur für ein Produkt, für Produktqualität, sondern für alles das, was wir tun. Wir haben das heute modern formuliert in den ‚Brand Essentials‘, in den Kernwerten der Marke.

 

Es ging und geht dabei nicht um höchste Qualität, sondern um herausragende Qualität – ein  ganz wesentliches Kriterium. 1849 wurde die erste Auslandsniederlassung von A.W. Faber in New York gegründet. Es folgten 1851 London, 1855 Paris, 1872 eine Niederlassung in Wien und 1874 auch in Sankt Petersburg. Lothar von Faber wurde dann geadelt vom bayrischen König. Und was ihm auch wichtig war, er hat immer Kunden besucht. Auch der heutige Inhaber ist weltweit vor Ort, kann überall die Kunden nennen, die relevant und wichtig sind, und die er alle persönlich getroffen hat und immer wieder trifft. Marktnähe ist auch ein ganz, ganz entscheidender Punkt zur Vertrauensmarke. Der persönliche Kontakt zum Kunden, also Marktnähe heißt Kundennähe.

 

Also wir haben eine Produktrange, die ist vielleicht nicht so sexy, ein Bleistift... Was ist ein Bleistift heutzutage schon? Aber was wir daraus machen, glauben wir, das ist schon ganz ordentlich. Wir wissen, das passt einfach gut zu uns, das passt zu dieser Unternehmerpersönlichkeit: gewöhnliche Dinge außergewöhnlich gut zu machen, das ist eine durchgehende Zielsetzung analog dessen, was wir von Lother von Faber mit auf den Weg bekommen haben. Wir sehen uns als Lebensbegleiter: Ein Kind, das unsere Schulprodukte liebt, wird der Marke Faber Castell auch als Erwachsener treu bleiben. Markenführung ist bei Faber Castell Chefsache. Und das ist wörtlich gemeint: kein Herumfummeln an der Marke, konsequentes Verpackungsdesign. Und natürlich geht das Sortiment bis zur „Krone“, die "Graf von Faber-Castell-Kollektion" – im Eigenjargon Pen of the Year 2014 (ca. 7000 €).

 

Statement von Faber Castell: "Tradition bedeutet nicht, die Asche zu bewahren, sondern die Glut“.


Dr. Stefan Piëch

Vorsitzender des Vorstands der Your Family Entertainment AG, Wien

hat als Unternehmer im Medienbereich Verantwortung für den Wiederaufbau einer traditionelle Jugendmarke übernommen. Er konnte jüngst von Alexandra Kauka, der in den USA lebenden Witwe des Zeichners Rolf Kauka (1917-2000), die globalen Markenrechte an „Fix & Foxi“ erwerben. Nur das Archiv ihres Mannes mit den Originalzeichnungen wird in ihrem Besitz bleiben. Die zuletzt arg herumgeschubsten Comic-Figuren bekommen bei ihm eine neue Heimat. „Fix & Foxi haben Kultstatus, mit 780 Millionen verkauften Comics in aller Welt sind sie der erfolgreichste deutsche Comic aller Zeiten“, betonte Piëch. Er erinnerte an das große Vorbild Kaukas, das berühmteste Comic-Pärchen aller Zeiten: „Max und Moritz“ von Wilhelm Busch. Auch die beiden Füchse erleben ihre Abenteuer in der Tradition des Klassikers als gedoppelter, quasi geteilter Charakter. So könne aus einer Figur ein dialogisches Leben entwickelt werden. An die 80 weitere Charaktere bevölkern die Lebenswelt der bekannten Füchse, darunter Maulwurf Pauli und Lupo, der Wolf. Rolf Kauka, der häufig als „der deutsche Walt Disney“ bezeichnet wird, hatte diesen Kosmos 1953 erschaffen. In ihren besten Zeiten schlugen die Füchslein sogar die Maus in den Auflagenzahlen. „Fix & Foxi“ wurde auch in Argentinien, Brasilien und Mexiko verlegt, wurde in China gedruckt. „Fix & Foxi sind ein deutsches Kulturgut, damit sind wir alle aufgewachsen“, stellte Piëch fest. Dabei sei den erfolgreichen Helden in ihren Comic-Heften schon damals die Rolle zugefallen, andere, fremde Themenwelten den Lesern nahe zu bringen und diese gewissermaßen zu „präsentieren“. Diese genuine Kompetenz will Piëch, Großaktionär der österreichischen TV-Firma „Your Family Entertainment“ nutzen, um einen nach den Figuren benannten Fernsehkanal aufzubauen. Erneut sollen die frechen Füchse ihrer Zielgruppe als Botschafter des Kanals Unterhaltsames und Wissenswertes nahebringen.

 

Seine Firma ist heute der fünftgrößte Inhaber von Bewegtbild weltweit – von den Unabhängigen. „Das sind ca. 25 % von den Brands, die wir als Marken haben, und das sind eben jetzt auch Fix & Foxi oder andere Brands wie Maurice Sendaks ‚Der kleine Bär‘ etc. Wir haben ein Geschäftsmodell, das letztlich die Rechte auswertet in den verschiedensten Verwertungsmöglichkeiten für Bewegtbild.“ Piëch, der schon länger „Fix & Foxi“-Filme produziert und in zehn Sprachen vermarktet, ist überzeugt: „Die Füchse sind globalisierbar.“ Er hält einen „Fix & Foxi“-Themenpark für denkbar. Da erstmals alle Marken- und Merchandisingrechte inklusive der Buchrechte in einer Hand sind, eröffnen sich unternehmerische Freiräume, die er nutzen möchte. Ideen für Schreibwaren, Plüschfiguren, sogar Mode hat er im Kopf. Und vermutlich wird es die Füchse auch auf Verpackungen geben. Für welche Produkte, das stehe noch nicht fest. Wichtig sei, dass die Markenwelten zum erzieherisch nachhaltigen Konzept seines Senders passen. „Die Eltern“, das weiß der Vater aus eigener Erfahrung, „reden beim Medienkonsum der Kinder mit.“ Mit dem richtigen Partner, der seinerseits pädagogische Kompetenz einbringe, sei er für eine Zusammenarbeit offen. Dass seine Marke eine starke Stellung im Bewusstsein der Konsumenten habe, bezeugte er abschließend mit dem augenzwinkernden Seufzer: „Ich bin total Fix & Foxi.“


Dirk Ahlers

Vorsitzender des Aufsichtsrats der FRoSTA AG, Hamburg

sieht da drei Dinge, warum es Frosta gibt: Erstens ein bisschen Zufall. Zweitens politische Herausforderungen, die seine Familie angenommen hat, manchmal auch zum rechten Zeitpunkt. Und drittens, als Newcomer, ein sehr gutes Verhältnis mit den großen Firmen der Lebensmittelindustrie wie Nestlé, Oetker, Unilever, Jacobs. Frosta macht heute mit 1.500 Mitarbeitern 400 Mio. Umsatz, inklusive ‘private label and  catering‘. Und das an vier Standorten, einer davon in Polen.

 

Das Angebot im Lebensmittelbereich ist Fisch, Tiefkühlkost, Fertiggerichte, Gemüse und ein bisschen Obst. In der Startphase ist man in Osteuropa dank Werbung in Rumänien, Tschechien und Ungarn ganz erfolgreich. Dirk Ahlers Vater hatte sich in den Fünfzigern an der Fischerei beteiligt. 1954 gab es schon die Maria von Jever, das erste Fangfabrikschiff überhaupt in ganz gab es Europa. Auf See wurde Fisch gleich filetiert, eingefroren und kam dann in Filetblöcken an Land. Das hatte nur einen Nachteil: Kein Mensch kannte Ende der 50er Jahre Tiefkühlkost. Der Anfang war schwer, und der Markt entwickelte sich langsam – aber stetig. Unilever ist eingestiegen und insbesondere aber auch Nestlé.

 

Der eigentliche Start der Marke Frosta war Ende der Sechziger mit den Frosta-Fischstäbchen; und man war dann auch relativ schnell ganz erfolgreich. Es folgten günstige Deals mit Nestlé und Oetker. Dazu kamen neben Fisch jetzt auch Fertiggerichte. Nach der Wende übernahm Frosta die Firma Elbtal in Meissen, damals größter Gemüsehersteller in Ostdeutschland. Es folgten Einbrüche, auch bedingt durch aufkommende Handelsmarken.

 

Dank Werbung ging's wieder aufwärts. Bemerkenswert war auch der Erfolg durch den Frosta-Blog, wohl der erste in der Lebensmittelindustrie. Ziel: intensive, erfolgreiche  Kommunikation mit den Verbrauchern. Ahlers: „Dass wir den Nachhaltigkeitspreis bekommen für die Marke, ist auch nicht so schlecht, also 7 % Zuwachs, 20 % in diesem Jahr“.